Unrecht für Gerechtigkeit – MICHAEL KOHLHAAS

Michael Kohlhaas — eine bekannte Figur. Ob aus der Schullektüre, Theaterstücken oder dem Film mit Mads Mikkelsen, viele hatten wohl schon Berührungspunkte mit seiner Geschichte über Unrecht, Gerechtigkeit und Justiz.

Als Oper hingegen haben wohl die wenigsten Kohlhaas schon erlebt. Das kann sich am 25. Mai mit der Uraufführung von MICHAEL KOHLHAAS, komponiert von Stefan Heucke, ändern.
Lassen Sie sich die Uraufführung nicht entgehen und sichern Sie sich Karten.

Falls Sie jetzt schon mehr erfahren wollen, haben wir für Sie einige Interviews, Texte und Erklärvideos zusammengestellt.

 

 
 

 

Zwischen Recht und Gerechtigkeit

MICHAEL KOHLHAAS ist ein historischer Roman von Heinrich von Kleist, der die Geschichte eines Pferdehändlers im 16. Jahrhundert erzählt, der sich aufgrund von Ungerechtigkeiten und Willkür auf einen Rachefeldzug gegen die Obrigkeit begibt.

Kohlhaas wird von einem korrupten Junker betrogen und seine Pferde gestohlen, was dazu führt, dass er seine Familie und sein Vermögen verliert. Er kämpft um Gerechtigkeit und rechtsstaatliche Prinzipien, was ihn letztendlich in den bewaffneten Widerstand gegen die Obrigkeit führt. Sein Kampf führt zu Gewalt und Chaos, während er gleichzeitig versucht, seine moralischen Prinzipien aufrechtzuerhalten. Am Ende wird er gefangen genommen und hingerichtet.

Damit thematisiert Kleist in seiner Novelle Fragen von Recht und Gerechtigkeit, Moral und Ethik sowie den Konflikt zwischen individueller Freiheit und staatlicher Autorität. 

 

Titel

 

Hoffnung auf eine bessere Welt

Gedanken zu MICHAEL KOHLHAAS des Regisseurs Philipp Westerbarkei (Nominierung Faust-Preis 2023)
 
Regisseur Philipp Westerbarkei © Klaudia Taday

Rache oder Recht? Dem modernen Menschen ist diese Wahl abgenommen worden, denn die Justiz übernimmt das Strafen und sorgt für die Gerechtigkeit. Es gibt keinen Platz in unserer heutigen Zivilisation für eine solche Barbarei wie Rache. Das sollte man zumindest meinen, denn noch immer schlummert in uns allen dieser uralte Instinkt, wenn unserem Empfinden nach die Gerechtigkeit nicht greift und die Justiz unsere enorme Verletzung nicht wieder gut zu machen weiß.

Rache ist persönlich. Recht ist öffentlich. Wir leben diese gefährliche Ambivalenz, in der das archaische Feuer der Rache noch immer auflodern kann; zwischen dem nicht auszulöschenden Bedürfnis, auf Verletzung mit Verletzung zu reagieren und auf der anderen Seite die Vernunft walten zu lassen. „Auge um Auge, Zahn um Zahn?“ Legitim ist das schon lange nicht mehr und die toxische Verkettung, dass aus einem Opfer ein Täter ein Opfer wird, muss unterbrochen werden.

Heinrich von Kleist nimmt sich in seiner 1808 erstmals erschienen Novelle MICHAEL KOHLHAAS einen realen, juristischen Prozess des ausgehenden Mittelalters vor. Europa ist im Wandel und die Aufklärung bringt langsam Licht in die dunklen Akten eines von Fürsten und Monarchen gestalteten Rechtssystems: Der Bürger soll nicht dem Recht des Stärkeren ausgeliefert sein und selbst zur Waffe greifen müssen, um Gerechtigkeit zu erfahren. Weder Schikane noch Vetternwirtschaft sollen die Interessen der Mächtigen durch Willkür walten lassen. Aber genau das geschieht dem Pferdehändler Michael Kohlhaas, als er die Landesgrenzen des Junkers Wenzel von Tronka überschreitet und den angeblich nötigen Passierschein nicht vorweisen kann. Zwei Pferde werden ihm zum Pfand abgenommen, die er bei seiner Rückkehr und gegen das Vorzeigen des nötigen Papiers zurück erhalten soll. Die ganze Aktion ist ein Bluff, denn die Einforderung der Papiere war nicht rechtens und als Kohlhaas seine Pferde wieder in Empfang nimmt, erblickt er zwei vor Arbeit ausgemergelte und sterbende Tiere. Er fordert sein Recht und Schadensersatz, doch stößt nur auf Ablehnung und Häme. Als dann seine Frau bei dem Versuch die Lage zu schlichten stirbt, bleibt ein zutiefst verstörter Mann zurück. Was bleibt ihm noch anderes übrig, wenn die Justiz ihn nicht erhören möchte und er zum Spielball der Obrigkeit wird?

Selbstjustiz ist ein letzter und häufig hilfloser Schritt zur Wiedergutmachung und zur Umwälzung der Machtverhältnisse. Kohlhaas folgt seinem Recht auf Gerechtigkeit und prangert sogleich die ganze Welt an. Um seine Welt zu ändern, sieht er nur die vollkommene Auslöschung jener als einzigen Weg. Dem alten Rechtssprichwort folgend „Es soll Gerechtigkeit herrschen und gehe dabei die Welt zur Grunde“ beginnt ein unkontrollierbarer Weltenbrand, der auch eine andere Sichtweise beinhaltet: Wenn keine Gerechtigkeit geschieht, so wird die Welt untergehen. Nur aus der Asche mag neues und hoffentlich besseres erwachsen. Dieses unaufhaltsame Verwirrspiel, das zu einer Grotesken verkommt, gipfelt im Todesurteil gegen Michael Kohlhaas. Es lässt uns noch ratloser zurück, denn zum guten Schluss passiert das Unverhoffte: Dem Pferdehändler Michael Kohlhaas wird Recht gegeben und alle Schäden werden beglichen. Doch was nützt es ihm, der im nächsten Moment vom Henker hingerichtet wird? Nur die Hoffnung, dass seine Kinder in einer besseren Welt aufwachsen werden.

 

ENTWÜRFE DES BÜHNENBILDS UND DER KOSTÜME

IMG_3228

IMG_3224

© Kristopher Kempf