Trial and Error

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19.05.2023
von Anna Kramer

„Am Theater Regensburg ist in Sachen Digitalisierung viel zu tun!“ Wir geben einen ungeschönten Einblick in die zentralen Ergebnisse unserer Analyse des digitalen Transformationsbedarfs.

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Das Fazit unserer Status-Quo-Analyse, die wir zwischen September und Dezember 2021 durchgeführt haben und anhand der wir den Entwicklungsbedarf digitaler Strukturen am Theater Regensburg untersucht haben, kling zunächst ernüchternd. Es ist aber eine wichtige Einsicht, denn nur mit diesem Wissen können wir die richtigen Ziele für einen erfolgreichen Transformationsprozess wählen. 

Das Theater als hochdiverses Arbeitsumfeld

Ein Theaterbetrieb ist naturgemäß wenig homogen. Dies betrifft zum einen die Vielzahl von Mitarbeitenden in unterschiedlichen Abteilungen und Tarifverträgen, die tagtäglich ein hochdiverses Aufgabenspektrum bearbeiten, das von künstlerischen, handwerklichen bis kommunikativen und administrativen Tätigkeiten reicht. Zum anderen sind die Möglichkeiten, das jeweilige Arbeitsfeld durch den Einsatz digitaler Werkzeuge zu gestalten ebenso weitreichend wie die Tätigkeiten selbst. Diese Vielfalt muss also miteinbezogen werden, wenn es darum geht, Strukturen einer solchen Organisation zu untersuchen. Daher haben wir in der Konzeption unserer Status-Quo-Analyse besonderen Wert darauf gelegt, einerseits alle relevanten Arbeitsbereiche unseres Theaters miteinzubeziehen und die Analyse andererseits durch konkrete Fragestellungen zu strukturieren, um eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Abteilungen zu erzielen. Auf einer übergeordneten Ebene sollten die Ergebnisse der Status-Quo-Analyse dazu beitragen, grundlegende Kenntnis der vorhandenen digitalen Strukturen, Arbeitsweisen und der technischen Ausstattung und einen Eindruck über die Motivation und Bereitschaft der Mitarbeitenden für einen Transformationsprozess zu erhalten. Schlussendlich sollte so deutlich werden, welcher Bedarf zusätzlicher digitaler Strukturen und Prozesse besteht, um die Arbeitsbedingungen am Theater Regensburg nachhaltig zu verbessern. Dafür haben wir in einem umfassenden Prozess insgesamt 23 semistrukturierte Interviews mit Abteilungsleitenden und weiteren Mitarbeitenden des Theater Regensburg geführt und diese qualitativ ausgewertet.

Die Organisation im Zentrum der digitalen Transformation

Insgesamt konnten wir durch den Analyseprozess zehn Handlungsfelder identifizieren, durch welche sich die etablierten Strukturen und Arbeitsweisen, aber auch Herausforderungen und Wünsche hinsichtlich der digitalen Transformation des Theaters strukturieren ließen. Dabei haben wir schnell bemerkt, wie zentral der Entwicklungsbedarf der digitalen Infrastruktur tatsächlich war und wie weitreichend damit verwobene Aspekte sind.

Keinesfalls überraschend war für uns, dass hinsichtlich der technischen Ausstattung ein hoher Innovationsstau bestand, was zwischenzeitlich durch eine Bestandsanalyse der vorhandenen Devices bestätigt wurde. Auch ist die Verfügbarkeit von WLAN-Netzwerken in relevanten Arbeitsbereichen noch stark ausbaufähig, allerdings wurde schnell sichtbar, dass wir hier aufgrund der Bausubstanz unserer Spielstätten, insbesondere im Theater am Bismarckplatz, vor besondere Herausforderungen gestellt sind, die eine flächendeckende WLAN-Abdeckung erschweren.

Außerdem konnten die Gespräche mit unseren Kolleg*innen bestätigen, was bereits durch die Erfahrungen der Corona-Krise naheliegend schien: Interne Kommunikation ist wichtig für die innerbetriebliche Zusammenarbeit und sollte für alle Mitarbeitenden gleichberechtigt möglich und niederschwellig zugänglich sein. Neben dem theaterüblichen Flurfunk ist die Kommunikation per E-Mail bei uns die verbreitetste Möglichkeit, um Informationen zu übermitteln. Da mindestens die Hälfte aller Mitarbeitenden am Theater Regensburg als Non-Desk-Worker – also als Mitarbeitende ohne Computerarbeitsplatz – tätig sind und demnach nicht über eine dienstliche E-Mail-Adresse verfügen, stößt diese Art zu kommunizieren allerdings schnell an ihre Grenzen. Andere Branchen, die ebenfalls mit einer hohen Anzahl von Non-Desk-Workern kommunizieren müssen, haben hierzu bereits digitale Lösungsansätze erarbeitet, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden jederzeit die für sie relevanten Informationen erhalten. Wie eine Lösung zur Digitalisierung der internen Kommunikationsstrukturen am Theater Regensburg aussehen kann, ist daher eine dringende und vor allem wichtige Diskussion.

Digitale Arbeitsprozesse als Schlüssel zum Erfolg?

Neben der Erhebung technischer Bestandsdaten war die Überprüfung von regelmäßig ablaufenden Arbeitsprozessen ein wichtiger Bestandteil der Status-Quo-Analyse. Dabei konnten wir feststellen, dass bei unseren Kolleg*innen durchaus der Wunsch besteht, Vereinfachung und Automatisierungen von komplexen und wiederkehrenden Prozessen durch den Einsatz digitaler Tools umzusetzen. Allerdings konnten die bisher eingesetzten Mittel kaum zur Entlastung unserer Kolleg*innen beitragen. Dies liegt zum einen daran, dass lange darauf verzichtet wurde branchenspezifische Software zur Verwaltung von Spielplandaten einzusetzen und die bisher genutzten Tools nicht ausreichend auf die strukturellen Gegebenheiten unseres Betriebs reagieren konnten. Zum anderen fordern diese Art von Prozessänderungen hohe zeitliche und oftmals auch enorme finanzielle Ressourcen, die in der Vergangenheit nicht zur Verfügung standen. Folglich werden am Theater Regensburg viele Aufgaben, die eigentlich für eine automatisierte Bearbeitung prädestiniert sind, in Handarbeit erledigt. Daraus schließen wir, dass genau identifiziert werden muss, welche Arbeitsvorgänge sinnvollerweise automatisiert werden können, wie groß der Nutzen für unsere Kolleg*innen tatsächlich sein kann und welche Vorgänge Priorität besitzen. Auf der anderen Seite konnten wir im Rahmen der Analyse einmal mehr feststellen, wie wertvoll die Motivation von unseren Kolleg*innen für den Erfolg von Change Prozessen tatsächlich ist. So haben die Kolleg*innen aus der Buchhaltung bereits in der Spielzeit 2020/21 die Einführung eines digitalen Rechnungsmanagers angestoßen und mit Energie vorangetrieben, sodass die Ausschreibungs- und Planungsphase mit Beginn unserer Analyse bereits abgeschlossen war und als eines der ersten Projekte erfolgreich umgesetzt wurde.

Viele Baustellen, aber wo beginnen?

Sicherlich können Sie sich jetzt vorstellen, dass wir bei der ersten Sichtung unserer Analyseergebnisse erst einmal geschluckt haben. Denn wie beginnt man einen Transformationsprozess, der so umfassend ist und so viele Baustellen birgt? Eine abschließende Antwort auf diese Frage haben wir auch heute noch nicht gefunden – zumal es sicherlich kein Patentrezept für erfolgreiche Transformation gibt. Aber wir sind davon überzeugt, dass ein wichtiger Schlüssel ist, überhaupt in die Umsetzung zu gehen und anstelle eines über viele Monate ausgefeilten Plans eine konstante, aber dennoch strukturierte Weiterentwicklung anzustreben. Unseren Startpunkt für Change haben wir daher bewusst dort platziert, wo wir einen großen Mehrwert für alle Mitarbeitenden des Theaters erhoffen: den Ausbau unserer digitalen Infrastruktur, die Strukturierung und Automatisierung der Verwaltung von Spielplandaten und die Neustrukturierung interner Kommunikation. Schon jetzt haben wir gelernt, dass die Veränderung eines beweglichen Systems, das ständig Neuerungen und damit Anpassungen der Zieldimension erfährt, nicht geradlinig erfolgen kann. Getreu dem Ansatz trial and error wollen wir deshalb vermeintliche Fehler nicht als Misserfolg betrachten, sondern versuchen an ihnen zu wachsen – Entscheidungen und Sachverhalte kritischer zu hinterfragen und somit besser zu verstehen, wie unser Transformationsprozess gelingen kann.

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