Wie klingt Kafka?

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16.09.2022

Gottfried von Einems Oper DER PROZESS ist eine wahre Opernrarität. Mit ihrem peitschend-pulsierenden Sog fordert die musikalische Groteske sängerische Spitzenleistungen. Seit der Uraufführung während der Salzburger Festspiele 1953 war das Werk nur selten auf den Bühnen dieser Welt zu sehen. – Aber wie hört sich Kafka eigentlich an?

 

MEHR ALS WOHLKLANG

Die Musik, in die Gottfried von Einem Kafkas Romanfragment übersetzt hat, irritiert, verwundert und begeistert. Entgegen der generellen Strömung der damaligen Zeit, stand für Gottfried von Einem der Bezug zum Publikum im Fokus seiner Arbeit. Der Komponist beschreibt die Entwicklung wie folgt:

„Da der Kontakt zum Publikum dabei weitgehend verloren ging, führte das jedoch zu einer Art Ghetto-Bildung dieser Strömung. Dass inzwischen diese Mode so gut wie vorbei ist, ihr Diktat nicht mehr gilt und die ‚Postmoderne’ um sich greift, macht mich nicht traurig. Ganz besonders freut mich, dass einige meiner Schüler an diesem Umschwung hin zu mehr Publikumsnähe und weg von allzu großer Artifizialität maßgeblich beteilift waren." — Gottfried von Einem: Ominöse Zwölftonreihe
 
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Josef K. Darsteller Tenor Daniel Pataky erklärt, was das Werk so besonders macht. | Foto: Pawel Sosnowski

 

DAS ORCHESTER ALS HAUPTDARSTELLER

„Der Hauptdarsteller dieser Oper ist das Orchester. Es führt gegenüber den Figuren auf der Bühne ein Eigenleben,“ schreibt Heinz Karl Gruber, ein früherer Schüler von Gottfried von Einem. Wie eine tickende Zeitbombe wird das Drama auf der Bühne rhythmisch-pulsierend vorangetrieben. Die Orchesterbesetzung, die von der klassischen Besetzung eines Symphonieorchesters abweicht, unterstreicht dies zusätzlich: dominierende Bläser, Orchesterklavier mit stark perkussiver Funktion und Streicher, die den perkussiven Charakter unterstützen. Dies spiegelt sich auch in den Gesangspartien, die sich dem strengen Rhythmus unerbitterlich unterordnen.

 

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Trailer zu DER PROZESS: Wie klingt Kafka? 

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